Coronavirus #28 – Das Lesen neu entdecken

Wie es in Offenburgs Partnerstadt Lons-le-Saunier in Zeiten von Corona aussieht

Von wegen Rotwein und Kondome: Die Krisensymptome in Offenburgs ältester Partnerstadt Lons-le-Saunier unterscheiden sich nicht von denen in Offenburg. So schreibt Denis Courdier, Journalist bei der Tageszeitung „Le Progrès“, dass die Menschen auf die Verhängung der landesweiten Ausgangssperre vergangene Woche erst einmal mit Hamsterkäufen reagiert hätten. Und es wurden auch im Jura dieselben Produkte wie bei uns leer gekauft: Nudeln, Reis, Mehl und natürlich Toilettenpapier.

Seit Dienstag, 17. März, gelten in allen französischen Städten und Dörfern Ausgangssperren. „Die Stadt ist wie leer gefegt, alle Geschäfte sind dicht“, schreibt Courdier. Ausnahmen: Lebensmittelgeschäfte und Supermärkte. Geschlossen sind darüber hinaus: die Stadien und Sportanlagen, das Schwimmbad, Kinos und die Mediathek, das Konservatorium (Musikschule), Museum und Theater sowie die Verwaltung. Diese und der Friedhof sind für die Bürger nicht mehr zugänglich. Die städtische Mensa hat zwar ihre Türen geschlossen, liefert aber Essen an Menschen, die in Isolation leben.

Die Lonser/innen müssen ein Papier mit sich führen, wenn sie das Haus verlassen. Dies dürfen sie tun, wenn sie zum Arzt oder in die Apotheke gehen müssen, wenn sie noch arbeiten und eben kein Homeoffice machen, Einkäufe erledigen oder draußen sich sportlich betätigen, was jedoch nur in unmittelbarer Nähe der eigenen Adresse erlaubt ist.

Der Wochenmarkt am vergangenen Donnerstag hat stattfinden können. Auflagen: Abstand von den Marktständen und Sicherheitsabstand der Menschen untereinander. Anfangs taten sich die Menschen mit den Einschränkungen schwer, mittlerweile, so Courdier, halten sich die Einwohner an die Auflagen.

Der Zugang zu den Alten- und Pflegeheimen ist seit 10. März untersagt. Familienmitglieder können ihre Angehörigen derzeit nicht besuchen. Der Kontakt ist über Internet und per Telefon möglich. Denis Courdier meint: „Ohne Veranstaltungen, Konzerte, Theatervorstellungen plündern wir unsere Filmothek und entdecken das Lesen wieder neu.“ Der Familienvater kümmert sich zudem auch darum, dass seine Kinder die Hausaufgaben machen.

Françoise Meynier, Präsidentin des Lonser „Comité de jumelage“ und Trägerin der Offenburger Bürgermedaille, schreibt: „Es ist hart, nicht mehr in die Stadt zum Einkaufen gehen, im Park nicht mehr spazieren gehen zu können, keine Freunde zu treffen oder zu erleben, dass die Kurse der VHS ausfallen.“ Es sei jedoch schlimmer, wenn man zum Beispiel als Lehrer Aufgaben zusammenstellen und sie den Schülern schicken müsse oder wenn man als Eltern darauf achten müsse, dass die Kinder bei ihren Schulaufgaben am Ball bleiben, und wenn man sie darüber hinaus, gerade bei jüngeren Kindern, beschäftigen müsse. Allen Offenburgern, insbesondere den Mitstreitern bei der Städtepartnerschaft in der „Brücke“ wünscht die ehemalige Deutsch-Lehrerin ein „Bleibt alle gesund!“.